Zusammenfassung
Hintergrund: In dieser Übersicht soll zu potenziellen
geschlechtsspezifischen Unterschieden hinsichtlich Inzidenz, Lokalisation,
Screening, Therapie und Ergebnis bei Patienten mit kolorektalem Karzinom
(KRK) Stellung genommen werden. Methodik: Für die Literaturübersicht
wurde die Datenbank Medline (PubMed) unter den Schlüsselwörtern „colorectal
carcinoma AND gender“ sowie „gender differences AND colorectal cancer“
durchsucht. Es wurden primär Veröffentlichungen der letzten 9 Jahre
(2005–2013) abgefragt. Ergebnisse: KRK werden häufiger bei Männern
als bei Frauen beobachtet, wobei das höhere Tumorrisiko der Männer sich auf
das distale Kolonkarzinom und das Rektumkarzinom beschränkt. Zu den
Risikofaktoren für die Entwicklung eines KRK gehören Übergewicht und
Adipositas, diese Beziehung ist für Männer ausgeprägter als für Frauen.
Inwieweit das Geschlecht einen prognostischen Faktor für das
Patientenüberleben darstellt, ist umstritten. Ein besseres Überleben der
Frauen im Vergleich zu Männern wird vor allem in den jüngeren Altersklassen
gefunden, woraus sich ein protektiver Effekt der Östrogene auf die
Entwicklung eines KRK ableiten lässt. Was die Häufigkeit angeht, mit der
sich Männer und Frauen einem Screening des KRK unterziehen, so werden zwar
manchmal für Männer im Vergleich zu Frauen höhere Screening-Raten berichtet,
jedoch hat der sozioökonomische Status der Eingeladenen sehr viel mehr
Einfluss auf die Screening-Beteiligung als das Geschlecht. Die Analyse der
Operationsverfahren deutet an, dass die tiefe Resektion bei Männern
schwieriger als bei Frauen durchzuführen ist, was in Zentren mit geringer
Erfahrung in der Rektumchirurgie die Rate an abdominoperinealen
Rektumexzisionen bei Männern ansteigen lässt. Auch ist das Risiko einer
Anastomoseninsuffizienz bei Männern höher als bei Frauen.
Schlussfolgerung: Der wesentliche geschlechtsspezifische
Unterschied ist aber die längere Lebenserwartung der Frauen im Vergleich zu
Männern, der in den Studien nicht immer klar (risikoadjustiert)
herausgearbeitet wurde. Dies kann zu einem nicht geringen Maß bereits allein
die ungünstigere Prognose von rechts- verglichen mit linksseitigen
Kolonkarzinomen erklären. Das KRK-Risiko der Frauen erreicht erst in einem
höheren Lebensalter das Niveau der Männer. Ob dieser Umstand die
Effektivität von Vorsorgeuntersuchungen beeinflusst, wurde nicht hinlänglich
überprüft. Die Daten sprechen aber dafür, Screening-Empfehlungen dieser
Tatsache anzupassen.
Abstract
Background: This overview comments on potential gender-specific
differences in incidence, anatomic site, screening, treatment, and outcome
in patients with colorectal cancer (CRC). Method: For the literature
review, the Medline database (PubMed) was searched under the key words
„colorectal carcinoma AND gender“ and „gender differences AND colorectal
cancer“. Publications of the last 9 years (2005–2013) were firstly
retrieved. Results: CRC is more commonly observed in men than in
women, with the higher tumour risk for men being limited to the distal colon
and rectum. Risk factors for the development of CRC include overweight and
obesity, this relationship is more pronounced for men than for women. The
extent to which gender is a prognostic factor for patient survival is
controversial. A better survival of women compared to men is found
especially in the younger age groups, from which can be derived a protective
effect of oestrogens on the development of CRC. As for the frequency with
which men and women undergo a screening of CRC, sometimes higher screening
rates have been reported for men than women, however, the socio-economic
status of persons invited to participate has much more influence on
screening attendance than gender. An analysis of surgical procedures
indicates that it is more difficult to perform the low anterior resection of
the rectum in men than women, with the result that men managed by less
experienced surgeons are more likely to receive abdominoperineal excision.
Furthermore, the risk of anastomotic leakage is higher in men than women.
Conclusion: The essential gender difference, however, is the
longer life expectancy of women compared to men which has been not always
clearly (risk adjusted) elaborated in the studies available so far. This
difference alone can already explain at a high rate the poorer prognosis of
right-sided colon cancers compared to left-sided cancers. Comparable levels
of CRC risk are reached in women as compared to men at a higher age. This
may influence the effectiveness of screening programmes and has not been
sufficiently examined. Evidence suggests the adaptation of screening
recommendations to this fact.
Schlüsselwörter
Geschlecht - Inzidenz - Screening - Überleben - kolorektales Karzinom
Key words
gender - incidence - screening - survival - colorectal cancer